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Porträt Dr. med. Ulrich Bauhofer
Veröffentlicht am: September 14, 2018 | Zuletzt aktualisiert am: November 29, 2024

Wenn man nach großen Namen in der Welt des Ayurveda sucht, stößt man sehr schnell auf Dr. med. Ulrich Bauhofer. Zweifelsohne gehört der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Ayurveda zu den führenden Ayurveda-Spezialisten außerhalb Indiens.
Nachdem er bereits mit seiner experimentellen Dissertation über Transzendentale Meditation zu deren wissenschaftlichen Fundierung beigetragen hatte, machte sich Dr. Bauhofer 1980 auf den Weg nach Indien, wo er die ayurvedische Medizin von den bedeutendsten Spezialisten Indiens lernen durfte.
Fasziniert von den Möglichkeiten, die ihm der Ayurveda ergänzend zu seinem schulmedizinischen Wissen bot, wurde der Maharishi Ayurveda zum Mittelpunkt seiner praktischen Arbeit mit seinen Patienten. So konzipierte Dr. Bauhofer die seinerzeit größte Ayurveda-Klinik Europas und leitete sie 13 Jahre lang als Chefarzt, bevor er 2003 seine ayurvedische Praxis in München eröffnete.
Dr. Bauhofer war Gründungsmitglied und -präsident der ältesten ayurvedischen Ärzte-Gesellschaft außerhalb Indiens. Bereits seit 1983 setzt er sich intensiv für eine seriöse Verbreitung des Ayurveda ein und engagiert sich in der Aus- und Weiterbildung ayurvedischer Ärzte, um möglichst viele Menschen an seinem großen Wissensschatz teilhaben zu lassen.
Auch auf internationaler Ebene hält Dr. Bauhofer Vorträge und Seminare, seine Coachings im Bereich des Gesundheitsmanagements sind stark nachgefragt bei Politik-, Wirtschafts-, Industrie- und Presseunternehmen.
Über die Fachkreise hinaus bekannt wurde er vor allem durch seine Bücher, darunter „Aufbruch zur Stille – Maharishi Ayurveda: eine leise Medizin für eine laute Zeit“ und „In Balance leben – Wie wir trotz Stress richtig mit unserer Energie umgehen“, aus dem uns Dr. Bauhofer im Interview die fünf wichtigsten Energiespender für jeden Tag verraten hat.
Herr Dr. Bauhofer, Sie waren 1980 einer der beiden ersten westlichen Schulmediziner, die den Ayurveda in Indien von führenden Spezialisten erlernen durften. Wie kamen Sie dazu?
Zu dieser Zeit war ich an einer Forschungseinrichtung in der Schweiz tätig, die Maharishi Mahesh Yogi gegründet hatte, um Bewusstsein und Möglichkeiten höherer Bewusstseinszustände wissenschaftlich zu ergründen. Damals arbeitete ich in einem internationalen interdisziplinären Team an einem spannenden Ansatz, der Bewusstseinstechnologien aus der Yoga-Tradition wie die Transzendentale Meditation (TM) und das TM-Sidhi-Programm nutzte. 1980 regte Maharishi Mahesh Yogi an, auch ganzheitliche präventive und therapeutische Verfahren aus der ayurvedischen Heilkunde einzubeziehen. Dafür lud er die führenden Ayurveda Spezialisten Indiens ein. Ayurveda ist eine Schwesterdisziplin des Yoga. Beide gehören zur vedischen Wissenstradition. Ich hatte das Glück und Privileg, von Anfang an bei dieser Entwicklung dabei zu sein. Das war der Start, um Ayurveda weltweit als ein ganzheitliches, personalisiertes und integratives Medizinsystem zu etablieren.
Schon bei Ihrem ersten Besuch in Indien hatten Sie das große Glück, direkt von Maharishi Mahesh Yogi lernen zu dürfen. Wie haben Sie Ihre erste Begegnung mit diesem großen vedischen Gelehrten erlebt?
Maharishi Mahesh Yogi war ich schon vor meinem ersten Besuch in Indien in Deutschland persönlich begegnet. Er lud mich seinerzeit ein, an der Maharishi European Research University (MERU) mitzuarbeiten. Maharishi Mahesh Yogi war die eindrucksvollste Persönlichkeit, der ich in meinem Leben begegnet bin. Seine Ausstrahlung, sein Charisma, seine Lebendigkeit, seine Schaffenskraft, seine Menschlichkeit und Empathie, sein fortwährendes und nie gebrochenes Anliegen, Gutes für die Menschen und die Welt zu tun, haben mich sehr berührt und angesprochen. Für mich verkörperte er genau das, was man sich unter einem Weisen vorstellt. Es gibt einen Satz von Paracelsus, der heißt: „Nur die Höhe des Menschen ist der Mensch.“ Für mich verkörperte Maharishi Mahesh Yogi als Persönlichkeit genau diese Inspiration. Umso dankbarer bin ich, dass ich 10 Jahre in seiner Nähe verbringen durfte.
Wie haben Sie Ihre Ausbildungszeit in Indien erlebt?
Das war für mich eine spannende Zeit. Ich durfte mit den herausragendsten ayurvedischen Ärzten wie Dr. Vasudev Dwivedi, Dr. Brihaspati Triguna, Balraj Maharishi und Dr. H.S. Kasture arbeiten. Von ihnen habe ich unglaublich viel gelernt. Damit meine ich nicht nur ayurvedisches Wissen, sondern auch das ayurvedische Verständnis von der Rolle eines Arztes. Er sollte Heiler sein, aber auch Freund, Philosoph und Ratgeber in allen Fragen des Lebens. Denn Ayurveda ist das Wissen vom Leben und hat uns zu allen Aspekten des Lebens etwas zu sagen. Zugleich durfte ich in den insgesamt viereinhalb Jahren, die ich dort verbrachte, das wunderschöne Land Indien mit all seinen faszinierenden Facetten kennenlernen. Denn wir sollten uns vergegenwärtigen, dass Indien die einzige Hochkultur der Menschheitsgeschichte ist, die ihr altes Wissen über die Jahrtausende hinweg bewahrt hat. Davon profitieren wir heute in einer Zeit solch fundamentalen Umbruchs ganz besonders.
Was ist für Sie die wichtigste Botschaft des Ayurveda?
Im Ayurveda mündet letztlich alles in das Konzept von Satmya und Asatmya. Das bedeutet ‚Verträglichkeit‘ und ‚Unverträglichkeit‘. Wir müssen wieder lernen zu spüren, was uns guttut und was uns schadet. Direkt übersetzt heißt Satmya ‚meine Wahrheit‘.
Was ist meine Wahrheit? MEINE Wahrheit – nicht die von anderen! Und das betrifft alles im Leben! Ernährung, Tagesablauf, Sport, Schlaf, Beruf, Partner, Freunde, Urlaubsziele, Wetter, Wohnort – alles! Seine eigene Wahrheit herauszufinden und sie im Einklang mit den Regeln des Lebens zu leben – das ist die Botschaft des Ayurveda. Denn wie der Straßenverkehr funktioniert das Leben nach gewissen Regeln. Wenn man sie verletzt, ist es den Regeln egal, doch wir müssen die Konsequenzen tragen. Der Ampel ist es gleichgültig, wenn wir sie bei Rot überqueren, doch wir tragen die Konsequenz eines Unfalls. Wenn wir die Lebensregeln verletzen, ist der Unfall eine Krankheit. Es geht im Ayurveda also darum, Krankheiten vorzubeugen, die Gesundheit zu bewahren und zu verbessern, immer den Menschen und nicht nur seine Krankheiten ganzheitlich zu behandeln und die Vitalität und Lebensfreude im Prozess des Älterwerdens zu erhalten.
Im Rahmen Ihrer Doktorarbeit haben Sie die Wirkung der Transzendentalen Meditation auf das Herz-Kreislauf-System untersucht. Was hat Sie an den Ergebnissen besonders beeindruckt?
Die Weltgesundheitsorganisation WHO sieht Stress als die größte gesundheitliche Herausforderung dieses Jahrhunderts an. Bei der Praxis der Transzendentalen Meditation passiert rein physiologisch betrachtet genau das Gegenteil der Stressreaktion. Regelmäßige Praxis der Transzendentalen Meditation oder kurz TM beruhigt Herz und Kreislauf. Während der Meditation sinkt der Blutdruck, das Herzminutenvolumen nimmt ab, Herz- und Atemfrequenz verlangsamen sich. Der Sauerstoffbedarf verringert sich, das Atemminutenvolumen sinkt und der Hautwiderstand nimmt zu. Die Ausschüttung von Stresshormonen lässt nach, der Blutfluss zum Gehirn nimmt zu und das vegetative Nervensystem balanciert sich aus. All dies sind Zeichen dafür, dass wir während der Meditation zur Ruhe kommen. Das lässt sich auch eindrucksvoll an den kohärenten und geordneten Gehirnströmen während der Meditation ablesen. Wenn das Gehirn geordnet arbeitet, funktioniert auch der Rest des Körpers kohärent – und das bedeutet bessere Gesundheit.
Darum ist die Transzendentale Meditation heute so gut als effizientes Antidot gegen Stress geeignet. Alles in allem ist die TM ein wunderbares, einfaches und hocheffizientes Programm zum Stressmanagement. Für mich persönlich kann ich sagen: die TM ist das Beste, was ich in meinem Leben gelernt habe.
Sie selbst meditieren seit über 45 Jahren – konsequent jeden Tag. Wie gelingt Ihnen das in Ihrem wohlgefüllten Alltag?
Alles im Leben ist eine Frage der Priorität. Zu meditieren ist mir wichtig, darum mache ich es. Wenn man glaubt, nicht die Zeit zu haben, zweimal am Tag 20 Minuten für sich, für seine geistig-körperliche Gesundheit und Entwicklung, für die mentale Hygiene und für seine Lebensfreude, die ja auch der Umgebung zu Gute kommt, investieren zu können, Online mit seinem Inneren zu gehen, dann ist das Leben aus der Balance und aus den Fugen geraten. Das sollte man verhindern. In den Patanjali Yogasutren heißt es – und diesen Satz hat Maharishi Mahesh Yogi immer wieder zitiert und betont – „Heyam dhukam anagatam – Halte die Gefahr ab, bevor sie überhaupt entsteht.“
Wissen Sie, weil die TM eine so einfache und völlig mühelose Form der Tiefenentspannung darstellt, freut man sich auch nach einem anstrengenden Tag darauf. Für mich ist sie wie ein geistiges Duschen, ein Abladen und Entsorgen des ganzen Alltag-Stresses, denn sie wäscht all den Unrat des Tages aus dem Kopf. Dadurch geht man auch entspannt und frisch in den Feierabend, den man dann auch noch wirklich intensiv genießen kann. Und vor allem schlafen Sie gut ein und durch, was sehr vielen Menschen heute so schwer fällt. Morgens ist die Meditation eine hervorragende Vorbereitung für einen gelungenen Tag. Wie ein Bogenschütze, der den Pfeil weit zurückzieht, um ihn dann umso weiter schießen zu können, mobilisieren Sie in der Meditation Ihre Energie aus dem Inneren, um sie in der Aktivität gezielt und erfolgreich einsetzen zu können.
In Ihrem Buch „In Balance leben“ widmen Sie sich ganz dem Umgang mit unserer Energie. Was sind die besten Energiespender? Wie gelingt es uns, auch in einem stressigen Alltag das innere Energiekonto im Plus zu halten?

- Licht – Draußen ist an einem Sommertag 200-mal mehr Licht als in unseren Innenräumen. Daher sollten wir ruhig mittags mal rausgehen.
- Luft – Eine Klimaanlage ist kein Ersatz für frische Luft. Frische Luft tanken können wir, wenn wir die Fenster immer mal wieder aufmachen und zwischendurch für ein paar Minuten rausgehen.
- Ruhe – Dazu gehört ausreichend schlafen. Die meisten Menschen schlafen deutlich zu wenig, also empfehle ich, rechtzeitig ins Bett zu gehen. In der ersten Nachthälfte ist der Schlaf besonders tief. Nur eine Stunde zu wenig Schlaf pro Nacht summiert sich im Jahr auf ein Defizit von fast vollen zwei Wochen. Und ich empfehle die Meditation, um einen Zustand noch tieferer Ruhe als im Schlaf zu erfahren.
- Ernährung – Die meisten Menschen bringen sich mit Messer und Gabel um, aber eine gute, lebendige Qualität des Essens ist unglaublich wichtig. Auch der Zeitpunkt der Mahlzeiten spielt eine Rolle. Die Hauptmahlzeit sollte vorzugsweise mittags sein, nicht am Abend. Abends möglichst früh und leicht essen.
- Flüssigkeit – Ich empfehle, ausreichend Wasser zu trinken, am besten 2,5 Liter pro Tag.
